„Sammeln ist nicht einfach, selbst wenn man mit Leidenschaft und Geld gesegnet ist. Denn eine Sammlung muss lebendig sein, sie muss sich entwickeln. Das kann sie - da wir soziale Wesen sind - nur in der Kommunikation mit anderen Menschen. Die Sammlung muss daher zugänglich sein, sie muss von anderen gesehen werden können, sie muss auf andere ihre Wirkung ausstrahlen können, sie muss ihre eigene Veränderung auch in der Auseinandersetzung erweisen.
Lebendig ist eine Sammlung aber nicht nur dadurch, sie muss auch permanent verbessert werden. Das erfordert nicht nur den Zukauf immer „besserer" Objekte, es ist dazu auch nötig, dass weniger gute oder für die Vollendung der Sammlung weniger wichtige Dinge verkauft werden; mit einem Wort: Die Sammlung muss permanent gestrafft werden. Denn wird aus einer Sammlung nicht mehr verkauft, ist sie tot."
„Die meisten von uns haben schon als Kinder gesammelt –
Steine, Schmetterlinge, Gräser, Münzen, Plastikfiguren,
Abziehbilder, alles Mögliche – und damit gespielt. Aber
ist Sammeln ein Spiel? Oder steckt nicht bereits tiefer Ernst in
diesem Spiel, und ist es damit nicht eher Arbeit – der Versuch,
Dinge, indem man sie sammelt, in eine bestimmte Ordnung zu bringen,
sie in Beziehung zueinander zu setzen? Die meisten Sammler, die
ich kenne, sammeln, weil es ihnen Vergnügen bereitet, ja, geradezu
Lustbefriedigung verschafft. Sammler sind Jäger, kluge Jäger,
die wissen, dass die wahre Leidenschaft im Entdecken besteht, im
Anpirschen an das begehrte Stück – und nicht so sehr
im Schuss.
In aller Regel
geht der Sammler allein auf die Jagd, und er sammelt in aller Regel
auch für sich und nicht für andere. Und doch: Wer nur
für sich sammelt, sammelt ohne Perspektive, ohne Ziel. Denn
Sammeln geht weit über den Jagdtrieb hinaus. Wir sammeln in
dem Versuch, dem Vergehenden Dauer zu verleihen. Wir sammeln, um
die Zeit anzuhalten – und gleichzeitig definieren wir sie
dadurch. Wir sammeln, weil wir uns mit der eigenen Vergänglichkeit
nicht abfinden wollen. Genau das ist es aber, was uns Menschen erst
zu Menschen macht. Aus diesem Zusammenhang erwächst aber für
die Sammler eine Verpflichtung, die im Sammeln steckt – die
Verpflichtung anderen gegenüber.“
„Der reine Sammler ist (... ) ein wahrer Liebhaber der Kunst.
Der materielle Wert des Gesammelten interessiert ihn nicht. Er unterscheidet
in seiner Begeisterung nicht zwischen einem Millionen teuren Ölgemälde
und einer kleinen Grafik und orientiert sich ausschließlich
an seinem persönlichen Geschmack und dem damit verbundenen
Kunstgenuss. Beim Ansammler überwiegt die Besitzfreude, und
diese kann durchaus in blanke Gier umschlagen, was dazu führt,
dass bald die Quantität des gesammelten die Qualität überwuchert.
Die Wohnungen von Ansammlern sind wahre Alpträume, man wagt
kaum, sich zu bewegen, weil sich überall die Kunstwerke häufen.
Der Geldsammler
ist Spekulant. Ihn interessiert nicht das Kunstwerk, sondern die
Wertsteigerung. Nach meiner Erfahrung ist diese Spezies extrem selten.
Nur wenigem die sich als Geldsammler gerieren, sind es tatsächlich.
Sie reden über die Preise, die sie die Kunstwerke gekostet
haben, und meinen eine verbotene Leidenschaft, die sie auf diese
Weise rationalisieren.
Unter „Schatzzwergen“
sei schließlich jener Sammlertypus zu verstehen, der Objekte
hortet. Er erfreut sich nicht an ihnen, er sieht sie nicht einmal
an. Wertvollste Kunstwerke liegen verpackt unter dem Bett, sie stauen
sich hinter Kästen, verstecken sich in Laden. Denn weder verkauft
der „Schatzzwerg“ je, noch gibt er sein Geld aus. Seine
Erben werden ihn lieben. „
„Irgendwann
stellt sich auch für einen Sammler die Frage, für wen
er sammelt: Für sich, für andere, für niemanden,
nur des Sammelns wegen? Diese Frage führt letztlich zur immer
gleichen Antwort: Wer nur für sich sammelt, ist kein Sammler,
sondern ein Ansammler, ein Aufhäufer. Früher oder später
wird auch er erkennen, dass Sammeln eine Verpflichtung ist –das
Vergnügen wird bloß nebenbei dazugeliefert. Die Verpflichtung
des Sammelns besteht darin, andere sehen und erkennen zu lehren,
und das geht nur, wenn man seine Sammlung öffentlich zugänglich
macht. Das kann aber die eigentliche Erfüllung eines Sammlerlebens
sein. Und in diesem Sinne sammelt jeder Sammler auch „für
andere“.
„Ein
Sammler ist einer jener Verrückten, die Kultur schaffen. Er leistet für
die Erhaltung des kulturellen Erbes und damit uns allen einen
unschätzbaren Dienst. Er hält fest, er bewahrt, entweder, bis sich
bessere Erkenntnis durchgesetzt hat, bis ein Künstler in seiner
Bedeutung erkannt ist oder ein Sammelgebiet sich durchgesetzt hat. Und
selbst wenn das nie geschieht, macht das Bewahren Sinn. Wer vom „Virus
des Sammelns“ befallen ist, lernt eine ganz neue Welt kennen:
Atelierbesuche, Ausstellungen, Vernissagen, Herumstöbern in
Antiquariaten, Gespräche mit Künstlern, Teilnahme an Auktionen,
Tauschen, Handeln, Steigern. Diese Sucht wird nie ganz befriedigt sein.
Wer einmal von der „Sammelkrankheit“ befallen ist, wird nie wieder
genesen. Aber wer wollte das schon?“ |